Alf Lechner - Anlehnung

Pressebericht des Burghauser Anzeiger vom 9. September 2019
zur Einweihung der Skulptur 'Anlehnung' von Alf Lechner

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Künstlerisches Schwergewicht

"Anlehnung" von Alf Lechner: 48-Tonnen-Skulptur steht nun an der Friedenskirche

09.09.2019 | Stand 08.09.2019, 17:22 Uhr


Auf großes Interesse stieß die Vollstahl-Plastik "Anlehnung" bei der feierlichen Vorstellung der Skulptur auf dem Platz vor der Friedenskirche. −Fotos: Schönstetter

Burghausen.
Diese Skulptur ist nicht gemacht, um sie hinter Wänden zu verstecken. Nicht nur, weil die beide Blöcke, die in "Anlehnung" gegeneinander stehen, 20 und 28 Tonnen wiegen und damit für die allermeisten Räume ungeeignet wären. Auch braucht der Rost – die "Haut des Stahls"– Luft, Witterung, die Natur als Wirkungskraft. Vor der evangelischen Friedenskirche hat Alf Lechners monumentale Plastik diesen Ort gefunden. Sie eröffnet den Platz, der nach Jahren als seelenloser Asphalt-Parkplatz nun einer völlig neuen Bestimmung als Vorplatz zur Burg, als offener Ort für Burghauser und Gäste gerecht wird.

Die Harmonie der Maße der fast 50 Tonnen Vollstahl trifft hier auf die Fluchten zum Gemeindehaus auf der einen und zum Glockenturm auf der anderen Seite. Dabei ist die A-förmige Skulptur eigentlich nicht für Burghausen gefertigt: Der 2017 verstorbene Bildhauer Alf Lechner hat sie für seinen Freund, den Musikverleger Siggi Loch, 2003 geschaffen. Gestern kam sie nun als Leihgabe nach Burghausen, das Ergebnis einer Verbindung von Siggi Loch und Bürgermeister Hans Steindl über den Jazz. Ein Glücksfall, wie Steindl beschreibt, denn eine Stadt könne so etwas nicht erwerben. Siggi Loch und seine Frau waren nach Berlin umgezogen, die Skulptur konnte nicht mit und verblieb an einem Parkplatz, einem Ort, an dem sie nicht entsprechend gewürdigt schien.


 


Sie haben der Kunst von Alf Lechner in Burghausen Raum gegeben: Dr. Diethard Buchstädt, Pfarrer der evangelischen Gemeinde (v.l.), Daniel McLaughlin, Lechners Sohn, Bürgermeister Hans Steindl und Musikverleger Siggi Loch, dem das Kunstwerk gehört.


Sie haben der Kunst von Alf Lechner in Burghausen Raum gegeben: Dr. Diethard Buchstädt, Pfarrer der evangelischen Gemeinde (v.l.), Daniel McLaughlin, Lechners Sohn, Bürgermeister Hans Steindl und Musikverleger Siggi Loch, dem das Kunstwerk gehört.

Auf der anderen Seite hatte man in Burghausen einen Parkplatz, der wiederum in seiner Lage am Zugang zur Burg nicht den Vorstellungen der Stadt entsprach.

Und so wird nun der Vorplatz der Friedenskirche neu gestaltet, von den 1,5 Millionen Euro übernimmt die Stadt eine Million und nimmt damit, so Steindl, den einstigen Parkplatz in öffentlichen Besitz. Bis November soll vor der Kirche ein begrünter Platz mit Sitzgelegenheiten entstehen, ein Ort für Ruhe – und für Kunst. "Mit dieser monumentalen Plastik bekommt der Platz auch einen Mittelpunkt im künstlerischen Sinn", so Steindl bei der Vorstellung der Skulptur am Sonntagvormittag. Der Verleiher Siggi Loch ist genauso überzeugt von der neuen Heimat der Skulptur: "Eine solche Arbeit muss gesehen werden, und zwar von so vielen Menschen wie möglich."

Die Linien eines "A" zeichnet die "Anlehnung" – eine persönliche Referenz zu Siggi Lochs Jazz-Label ACT, aber auch inspiriert von der Handbewebung eines Dirigenten beim Dreivierteltakt. Doch hier an seinem neuen Platz könne das Werk auch ein Anfangssymbol für den Frieden sein, " in einer Zeit wie dieser, in der wir noch viel mehr Frieden brauchen", so Daniel McLaughlin, Alf Lechners Sohn und Kurator des Alf-Lechner-Museums in Ingolstadt.

Begegnung, auf welcher Ebene auch immer – symbolisiert vom massiven Stahl, der sich berührt, der sich stützt. Hier, wo Lechners Skulptur in den öffentlichen Raum gebracht wird, gehört auch die Diskussion um den Rost dazu. "Die ist so alt wie die Kunst von Alf Lechner", sprach es Daniel McLaughlin selbst an. In Kurzform: "Was soll jetzt das rostige Zeug?" Der Vater, erzählt McLaughlin, habe den Menschen Recht gegeben: Im Alltag bekämpfe jeder stets den Rost; für den Künstler jedoch ist es die natürliche Farbe des Stahls. Zunächst ist dieser fast schwarz vom Zunder, erst sukzessive entfaltet er seine rotbraune Farbe, Sonnenwärme, Reif, Schnee, alles lässt den Stahl sich verändern.

Die Stahl-Stelen der "Anlehnung", so Daniel McLaughlin, stehen gerade jetzt in Burghausen in voller Blüte. Die Oberfläche werde weiter lebten, eben wie eine Haut. − cts

Alf Lechner

Alf Lechner, 1925 in München geboren und 2017 in Obereichstätt verstorben, gilt als einer der wichtigsten deutschen Stahl-Bildhauer. In den gut 60 Jahren seines Schaffens sind mehr als 800 skulpturale Werke und über 4500 Zeichnungen entstanden. Mit fast 80 Skulpturen allein in Deutschland ist Alf Lechner einer der meist repräsentieren Bildhauer im öffentlichen Raum. − red

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